Artikel vom 
August 30, 2023

Untreue in der Beziehung: Was tun nach Affäre?

Lesedauer 6 Minuten

Mehr als die Hälfte aller erwachsenen Menschen leben in einer partnerschaftlichen Beziehung, viele weitere Menschen wünschen sich eine Partnerschaft. Zwar leben die meisten Menschen in einer monogamen Beziehung mit einem oder einer anderen Partner:in, doch die Definition von Partnerschaft ist weit gefächert. Partnerschaft kann sehr individuell gestaltet werden und reicht von monogamen bis zu offenen oder polyamoren Beziehungen. Doch egal in was für einer Konstellation wir leben, Beziehungen beeinflussen die psychische und physische Gesundheit. Es macht einen Unterschied, ob wir in glücklichen, zufriedenen und erfüllten Beziehungen leben oder nicht. Ein Faktor, der damit zusammenhängen kann, ist die empfundene Treue in der Partnerschaft. 

Ab wann die partnerschaftliche Untreue gilt, ist abhängig vom gelebten Beziehungsmodell und von der eigenen Einstellung und den eigenen partnerschaftlichen Bedürfnissen und Wünschen. So kann beispielsweise zwischen sexueller und emotionaler Untreue unterschieden werden. Studien zufolge wünschen sich über 80 % der Menschen Treue in ihren Partnerschaften, doch gleichzeitig berichten ca. 40% der Befragten, in Partnerschaften schon untreu gehandelt zu haben. Untreue führt häufig zu vielen verschiedenen unangenehmen Emotionen, zu Schwierigkeiten in der Beziehung oder sogar zu Trennungen. Sie kann aber auch überstanden werden. Was die Auswirkungen von partnerschaftlicher Untreue sind und wie man damit umgehen kann, wenn sie passiert ist, erfährst du hier. 

Was macht der Betrug mit mir als Betrogene:r?

Egal ob dir eine Affäre, ein Betrug oder Untreue gestanden wurde oder du es selbst herausgefunden hast: Die Tatsache, betrogen worden zu sein, löst meist einen Schockzustand aus, da sich die ganze Welt schlagartig verändert und das so schnell nicht realisiert und verarbeitet werden kann. Zittern, Herzrasen oder Schwitzen können auftreten, auch eine Gefühllosigkeit oder Erstarrtheit ist nicht selten. Dieser Zustand hält meist nur kurz an und es folgen rasende Gedanken, viele Fragen und starke, unangenehme Gefühle.

Erfahren Menschen, dass sie betrogen wurden, ist die Gefühlswelt häufig geprägt von vielen verschiedenen, intensiven Emotionen, was als sehr belastend und überwältigend erlebt wird. Es können Wut, Enttäuschung, Verzweiflung, Traurigkeit, Eifersucht und Scham auftreten. Viele Menschen fühlen sich auch persönlich in Frage gestellt, hinterfragen die eigene Attraktivität oder suchen die Schuld bei sich. Dies kann sich negativ auf den Selbstwert auswirken. Untreue kann sich nicht nur auf die Psyche auswirken, sondern auch das Verhalten und die körperliche Gesundheit betreffen. Um mit der schwierigen Situation umzugehen, versuchen einige Menschen, die unangenehmen Gefühle nicht spüren zu müssen, sich abzulenken oder Rache zu üben. Das kann sich in Substanzkonsum, Extremsport oder risikoreichen Verhaltensweisen wie schnelles Autofahren oder ungeschütztem Sex zeigen.

Wie genau Menschen sich nach einem Vertrauensbruch fühlen, ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Länge und Tiefe der Beziehung, Erfahrungen aus vergangenen Beziehungen, dem eigenen Selbstbild oder wie die gemeinsame Zukunft geplant war. Schwierig ist zudem, dass sich das Bild und die Meinung, die die betrogene Person (möglicherweise eine lange Zeit) von dem oder der Partner:in hatte, schlagartig verändert und nun korrigiert werden muss. So schmerzhaft diese Reaktionen sind, es ist wichtig zu verstehen, dass sie Teil eines normalen Prozesses sind, um die Situation zu begreifen und damit umzugehen. 

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Was macht der Betrug mit mir als Betrüger:in?

Nicht immer ist Unzufriedenheit in der Beziehung der einzige Grund, warum ein Mensch untreu wird. Sicherlich spielt die eigene Zufriedenheit eine Rolle, aber auch wie viel bereits in die Beziehung  “investiert” wurde (also alles, was man durch eine Trennung verlieren könnte: Freund:innen, Eigentum, Kinder usw.), die Länge der Beziehung, die Zukunftsorientierung, eigene Werte oder religiöse Ansichten und die mögliche “Alternative” (also ob die Zeit mit einer anderen Person als besser oder zufriedener eingeschätzt wird) sind ausschlaggebend. Menschen betrügen ihre Partner:innen selten, um sie zu verletzen, sondern meistens, weil zunächst nur kurzfristige Konsequenzen (z.B. Selbstbestätigung, Spaß, Abwechslung,...) gesehen werden und die langfristigen Konsequenzen (z.B. Konflikte, Verletzung, Trennung,...) übersehen. 

Doch auch die Person, die betrogen hat, muss mit verschiedenen Konsequenzen rechnen. Die eigene Untreue wirkt sich bei den meisten Menschen stark auf die eigenen Emotionen aus. Das eigene Selbstbild kann sich verändern, wenn wir realisieren, den oder die Partner:in verletzt zu haben. Denn Menschen gehen normalerweise davon aus, gut zu sein und richtig zu handeln. Realisieren wir, etwas Falsches oder Verletzendes getan zu haben, können die Gefühle von schlechtem Gewissen, Schuldgefühlen, Scham und Reue geprägt sein. Auch Ängste vor den Konsequenzen in der Partnerschaft und Zukunftsängste können entstehen. Zudem ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich die Beziehung verändert und unangenehme Emotionen immer weiter zunehmen, dadurch, dass es mehr Konflikte gibt oder du häufiger mit Vorwürfen, Schuldzuweisungen oder Eifersucht deines oder deiner Partner:in konfrontiert wirst. 

Wie komme ich damit klar?

Unabhängig davon, ob du betrogen wurdest oder betrogen hast, erfordert der Umgang mit Untreue erst einmal Zeit. Viele Menschen versuchen, die unangenehmen Emotionen nicht zu spüren, sie zu verdrängen oder sich abzulenken. Auch wenn es schmerzhaft ist, ist es sehr wichtig, alle mit Untreue zusammenhängenden Emotionen zuzulassen und sich Zeit zu geben, um die Situation zu realisieren, zu verstehen und zu bewältigen. Nicht verarbeitete Gefühle können langfristig negative Konsequenzen auf die psychische und körperliche Gesundheit haben. 

Für die betrogene Person ist es zunächst hilfreich, selbstfürsorglich zu handeln: Suche dir Unterstützung bei Freund:innen oder der Familie, es kann sehr hilfreich sein, mit anderen Menschen darüber zu sprechen, was passiert ist und wie es dir geht. Verdränge und vermeide deine Gefühle nicht, sondern versuche sie zuzulassen. Sorge außerdem für dich, indem du weiterhin Dinge tust, die dir gut tun (z.B. Unternehmungen, Hobbies, Sport) und versuche ausreichend zu essen, zu trinken und schlafen. 

Für die untreue Person ist es genauso wichtig, die eigenen Gefühle zuzulassen, um sie verarbeiten zu können. Auch dafür können Gespräche mit vertrauten Freund:innen oder der Familie helfen. Es ist wichtig, Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen. Versuche aber gleichzeitig auch zu verstehen, was die Gründe für deine Untreue sind und mache dich nicht dafür fertig, dass es passiert ist, sondern übe dich in Selbstmitgefühl, -vergebung und Akzeptanz. Auch die Bereitschaft, aus Fehlern lernen zu wollen, kann hilfreich sein.

Beide sollten sich zudem bewusst machen, was genau die Untreue für sie bedeutet und wie damit umgegangen werden will. Die Meinungen können hier natürlich auseinander gehen, was sehr schmerzhaft sein kann. Vielleicht ist es euch auch zunächst gar nicht klar, wie es weitergehen kann. In jedem Fall ist es aber wichtig, dass ihr versucht, ehrlich miteinander zu sprechen. Das erfordert nach einer Verletzung viel Kraft, hilft euch aber, um die Situation aufzuklären, entstandene Gefühle zu verarbeiten und im besten Fall eine gemeinsame Lösung zu finden.

Trennung wir uns oder bekommen wir das wieder hin?

Die Entscheidung, ob ihr euch trennen solltet oder die Beziehung weiterführen könnt, ist in erster Linie eine individuelle. Hört auf euch und versucht jede:r für sich und gemeinsam herauszufinden, warum die Situation entstanden ist und was ihr euch vorstellen könnt. Vielleicht möchte auch nur eine Person die Beziehung gern weiterführen und die andere nicht oder die Verletzung ist so groß, dass ihr es zwar wollt, aber nicht sicher seid, ob es funktionieren kann. 

Es ist nicht vorherzusagen, was die “bessere” Entscheidung für eine Partnerschaft ist, letztlich könnt ihr das nur ausprobieren und darauf hören, wie ihr euch damit fühlt. Solltet ihr euch dafür entscheiden, euch nicht zu trennen, folgt in jedem Fall eine schwierige Phase der Aufarbeitung. Gefühle sind verletzt und die Beziehung zunächst erschüttert. Die Partner:innen befinden sich zunächst in einem Gefühlschaos, das sortiert werden muss. Dies geht oft mit starken Konflikten, Schuldzuweisungen und Misstrauen einher. Danach zieht sich jede:r meist etwas zurück, braucht Zeit für sich, um zu reflektieren und herauszufinden, was man möchte. Erst dann kann der Wiederaufbau beginnen, ihr nähert euch wieder an und baut euer Vertrauen ineinander neu auf. Vielleicht entwickeln sich auch neue Rollen und Strukturen. Es ist sogar nicht selten, dass in dieser letzten Phase der Vergebung und des Wiederaufbaus eine neue Verliebtheit auftritt, wie am Anfang fast jeder neuen Beziehung. Und oft wird eine Partnerschaft nach einem solchen überstandenen Ereignis als besser und zufriedener empfunden als vorher. 

Ab wann ist psychologische Unterstützung sinnvoll?

Es gibt keinen richtigen oder falschen Umgang mit Untreue in Beziehungen. Intensive, schwierige Gefühle und Gedanken sind in einer solchen Situation eine normale Reaktion, um mit dem Geschehenen umzugehen. Und trotzdem können sie sehr überwältigen und überfordern, sodass es hilfreich sein kann, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Psychologische Unterstützung kann auf verschiedenen Wegen hilfreich sein.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Partnerschaftsproblemen?

Einzeltherapie

Wenn du allein nicht weiterkommst oder es auch nach längerer Zeit sehr schwierig für dich ist, mit unangenehmen Gefühlen und Gedanken umzugehen, kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Wenn du beispielsweise merkst, dass dein Selbstwertgefühl sich stark verändert hat, du unter Schuldgefühlen leidest oder depressive oder Angstsymptome entwickelst, sodass du dich in deinem alltäglichen Leben eingeschränkt fühlst, kann Therapie hilfreich sein. 

Paartherapie

Eine Paartherapie ist ein Angebot für Menschen mit Partnerschaftsproblemen, wie Konflikten oder Affären. Sie kann direkt hilfreich sein, ihr müsst nicht zuerst versuchen, alleine mit der Situation klarzukommen. In der Regel geht es darum, diese Schwierigkeiten mithilfe eines oder einer Paartherapeut:in zu verstehen, zu bearbeiten und zu bewältigen. Das setzt meist voraus, dass ihr der Beziehung arbeiten möchtet. Das übergeordnete Ziel ist also nicht unbedingt eine Trennung. Dennoch können Paartherapien auch bei einer Trennung begleiten, wenn das der beste Weg für euch ist. Auch wenn ihr nicht sicher seid, ob und wie ihr die Krise allein bewältigen könnt, ist eine Paartherapie sinnvoll.

Eine weitere Möglichkeit sind psychosoziale Beratungsstellen wie beispielsweise von profamilia oder der Caritas, die Beratung für Menschen mit partnerschaftlichen Problemen anbieten.

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Friederike Schubbert

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