Lesedauer 4 MinutenSelbsthilfe bei Depressionen: Wie Tagesstrukturen, Bewegung, Achtsamkeit und digitale Tools deine mentale Gesundheit unterstützen können.
Eine Depression ist für Betroffene sehr belastend und kann sich auf viele Lebensbereiche auswirken. Nicht nur die Stimmung ist niedergeschlagen, traurig oder gereizt, auch kann vielleicht der Alltag nicht mehr alleine bewältigt werden oder das Sozialleben wird eingeschränkt. Doch auch für Angehörige wie Freund:innen, die Familie oder Partner:innen kann die depressive Erkrankung eine Herausforderung darstellen. Es kann emotional sehr belasten, eine sonst lebensfrohe Person zu sehen, der es nicht gut geht oder die sich zurückzieht. Meist wollen Angehörige helfen und da sein, sie sollten dabei aber auch auf die eigenen Grenzen achten.
Wie sich eine Depression auf Angehörige auswirken kann, was du tun kannst, um Personen mit Depressionen zu unterstützen und wie du in dieser Situation auch für dich sorgst, erfährst du hier.
Auch wenn die Depression dich als Angehörige:r nicht selbst betrifft, ist dir das Gefühl von Überforderung, Niedergeschlagenheit oder auch Lustlosigkeit bestimmt bekannt. Eine nahestehende Person zu sehen, wie sie häufig traurig oder gereizt ist, bestimmte Situationen oder Verabredungen meidet oder von (für dich) einfachen, alltäglichen Dingen überfordert ist, kann sehr schmerzhaft sein. Dazu kommt häufig der Wunsch, zu helfen oder zu unterstützen, doch das ist gar nicht immer so einfach.
Viele Angehörige (genauso wie die Betroffenen auch) fragen sich außerdem, woher die Depression kommt. Durch diese Hilflosigkeit gegenüber der Depression entwickelst du möglicherweise Schuldgefühle und fragst dich, ob du etwas hättest tun können, um sie zu verhindern. Auch Ärger über die erkrankte Person oder Ängste können entstehen, was sowohl für euch als einzelne Personen belastend ist, sowie für die Beziehung schwierig sein kann.
Eine Depression verändert die Stimmung, das Denken und das Verhalten von betroffenen Personen. Häufig bewerten sie vieles negativ, empfinden sich als “Last” für ihre Angehörigen, ziehen sich zurück oder haben Schwierigkeiten, den Alltag zu bewältigen. Das wirkt sich auch auf die Beziehung zu den Angehörigen aus.
In der Partnerschaft oder Familie können sich die Rollen verändern, weil Angehörige sich nun als “Helfer:in” sehen und viele Aufgaben abnehmen. Generell kann sich zudem verändern, wie ihr gemeinsam vorher miteinander umgegangen seid und was ihr unternommen habt. Vielleicht werden Verabredungen mit Freund:innen häufiger abgesagt, was zu Enttäuschung führen kann, oder gemeinsamen Hobbies wird nicht mehr nachgegangen. Dadurch verändern sich auch Erwartungen und möglicherweise Bedürfnisse an die Freundschaft oder Partnerschaft.
Viele Angehörige wollen gern helfen oder fühlen sich in der Pflicht, zu unterstützen. Vielleicht springst du jetzt häufiger ein und nimmst Aufgaben wie Einkaufen, Haushaltstätigkeiten oder Terminvereinbarungen vermehrt wahr. Viele Angehörige bestreiten auch den Lebensunterhalt für die betroffenen Partner:innen oder Familienmitglieder, helfen dabei, wichtige Entscheidungen zu treffen und begleiten zu Ärzt:innen. Dadurch kommt nicht nur zusätzliche Arbeit auf Angehörige zu, sondern auch zusätzliche Verantwortung. Wenn Angehörige durch die Sorge und zusätzliche Zeit ihr eigenes Leben einschränken und vernachlässigen, können sich Überlastung, Erschöpfung, Schuldgefühle oder sogar eine eigene Depression entwickeln. Daher ist es wichtig, dass du als Angehörige:r die Balance findest, zwischen Unterstützung und Abgrenzung.
Nicht nur, um gut helfen zu können, sondern auch für dich als Angehörige:r ist es wichtig, dass du dich über Depressionen informierst. Dadurch kannst du besser verstehen, was eine Depression mit einem Menschen (und deren Angehörigen) macht, was für Symptome dazu gehören und vor allem, dass es sich um eine Erkrankung handelt, an der niemand Schuld hat. In dieser Übersicht über Depressionen findest du Informationen über die Erkrankung.
Von Depressionen betroffene Personen leiden häufig unter Schuld- und Schamgefühlen oder haben Angst, als “verrückt” zu gelten. Versuche deshalb, Verständnis für die schwierige Situation und Empathie für die betroffene Person aufzubringen. Das hilft ihnen, sich verstanden zu fühlen und nicht das Gefühl haben, verurteilt zu werden. Wahrscheinlich versucht sie schon alles, was sie kann, um wieder gesund zu werden.
Trotzdem können Ärger, Enttäuschung, Ängste oder Traurigkeit bei dir entstehen. Versuche diese Gefühle zu erkennen und zu beachten. Hilfreich kann dafür ein Gespräch mit der betroffenen Person sein, in dem ihr Erwartungen, Wünsche, Sorgen und Gefühle austauscht. Sei dir jedoch bewusst, dass die betroffene Person möglicherweise zurückweisend sein oder sich zurückziehen kann. Versuche es nicht persönlich zu nehmen – das Verhalten ist der Erkrankung geschuldet.
Die Depression ist eine ernstzunehmende und weit verbreitete psychische Krankheit, die jede:n treffen kann. Sei dir bewusst, dass weder dein:e Angehörige:r, noch du selbst etwas dafür können, eine Depression entwickelt zu haben. Dennoch verschwindet sie nicht unbedingt von allein und kann ohne professionelle Hilfe sogar schlimmer werden. Natürlich möchtest du unterstützen und helfen. Um dich selbst zu entlasten und der betroffenen Person zu helfen, ist es wichtig, ärztliche oder therapeutische Hilfe aufzusuchen. Eine Depression kann sehr gut behandelt werden, vor allem wenn frühzeitig professionelle Hilfe aufgesucht wird.
Möglicherweise sieht die betroffene Person die ersten Anzeichen bei sich noch gar nicht oder ist so hilflos oder antriebslos, dass es ihr schwerfällt, sich Hilfe zu suchen oder nach Hilfe zu fragen. Es ist daher wichtig, geduldig zu bleiben, deine Beobachtungen und Sorgen zu betonen und gleichzeitig aktiv Unterstützung anzubieten. Bringe Verständnis für die Situation auf und nimm die Erkrankung ernst. Du kannst der betroffenen Person vermitteln, dass professionelle Hilfe in Form von Therapie möglich ist, sie sich aber nicht allein darum kümmern muss. Je nachdem, was für dich möglich ist, kannst du anbieten, Termine zu vereinbaren und zu Arztterminen zu begleiten oder auch Unterstützung für den Alltag anbieten.
Gleichzeitig solltest du der betroffenen Person nicht alles abnehmen, denn in einer Depression ist es wichtig, dass Betroffene lernen, das eigene Leben wieder aktiv selbst zu gestalten. Es ist besser dabei zu unterstützen, für sich selbst zu sorgen. Depressive Menschen sind häufig antriebslos oder vermeiden Aktivitäten. Vielleicht hilft es, wenn ihr für den Haushalt einen konkreten Plan mit Aufgaben aufstellt. Oder du zur Unterstützung von aktivem Verhalten zunächst gemeinsame Aktivitäten planst. Das können schon einfache Dinge sein wie spazieren gehen oder gemeinsam kochen. Natürlich kann es auch helfen, zusammen zum Sport zu gehen oder anderen Hobbies gemeinsam nachzugehen, die die betroffene Person aktuell allein nicht schafft. Du kannst auch das Gespräch anbieten und konkret danach fragen, was im Moment schwer fällt, sodass ihr gemeinsam schauen könnt, wie die betroffene Person für sich sorgen kann und welche Rolle du dabei einnehmen kannst und möchtest, ohne alles zu übernehmen.
Du hast bestimmt jede Menge Tipps und Ideen, was eine depressive Person tun könnte, damit es ihr wieder besser geht. Doch viele gut gemeinte Ratschläge kommen nicht als solche an. “Mal wieder raus zu gehen”, “mal entspannen” oder “weniger negativ denken” mag erst einmal hilfreich klingen, können aber Druck auslösen, Rückzug verstärken oder die Beziehung schädigen. Besser ist es, wie bereits beschrieben, deine Sorge auszudrücken und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Vielen Depressiven fällt es schwer, Entscheidungen zu treffen. Hier kannst du helfen, bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen oder auch mal etwas Kleines für die Person entscheiden (z.B. wenn es um Aktivitäten geht). Wichtige Entscheidungen, die die private oder berufliche Zukunft betreffen (z.B. Job oder Wohnung kündigen, Partnerschaft beenden, finanzielle Entscheidungen) sollten, wenn es geht, verschoben werden. Denn Menschen in einer aktuellen Depression sehen die Welt und die Realität durch ihre Symptome verzerrt. In einer Depression getroffenen Entscheidungen könnten also mit dem Abklingen der Depression ganz anders bewertet oder bereut werden.
Es ist nicht einfach, Angehörige:r eines depressiv erkrankten Menschen zu sein. Die zusätzliche Belastung kann kräftezehrend und erschöpfend sein. Um dich selbst zu schützen, ist daher wichtig, dass du auch auf dich achtest und deine eigenen Grenzen im Auge behältst. Beachte die folgenden Tipps, um für dich zu sorgen.
Trotz der oben genannten Tipps kann es sein, dass du dich mit der Situation überfordert, erschöpft oder ratlos fühlst. Dann kann es hilfreich sein, professionelle oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Manchmal reichen dafür Beratungsgespräche aus, diese kannst du beispielsweise beim zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes wahrnehmen (einfach Sozialpsychiatrischer Dienst in deiner Nähe googeln). Auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) bietet Hilfe, Beratung und Betreuung für Angehörige an.
Wenn du deine Situation weiterhin als belastend erlebst oder depressive Symptome bei dir selbst entdeckst, solltest du dir selbst auch Unterstützung von Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen suchen. Sie können dir helfen und gemeinsam mit dir entscheiden, was und welche Art von Unterstützung für dich jetzt am Besten ist.
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