Artikel vom 
August 1, 2025

Verhaltenstherapie: Ablauf, Methoden und Wirkung einfach erklärt

Lesedauer: 6 Minuten

Krisen und Belastungen gehören zum Leben, doch manchmal werden sie zu viel. Dabei kann es helfen, sich Unterstützung zu suchen, um einen Weg zur Veränderung zu finden. Genau da setzt Verhaltenstherapie an. Sie ist eine Form der Psychotherapie, die sich auf Denk- und Verhaltensmuster konzentriert, die psychische Belastungen verursachen. In der Verhaltenstherapie entwickelst du gemeinsam mit deinem oder deiner Therapeut:in Übungen und Strategien, um positive Veränderungen herbeizuführen und deine psychische Gesundheit zu verbessern.

Was ist Verhaltenstherapie?

Die kognitive Verhaltenstherapie ist ein psychotherapeutischer Ansatz, der darauf abzielt, unerwünschte Verhaltensweisen und negative Denkmuster zu erkennen und aktiv zu verändern. Sie geht davon aus, dass unser Verhalten veränderbar ist. Statt hauptsächlich in der Vergangenheit nach Ursachen für Probleme zu suchen, fokussiert sich die Verhaltenstherapie viel mehr auf das Hier und Jetzt sowie auf konkrete Verhaltensweisen. Diese Form der Psychotherapie ist somit sehr gegenwartsorientiert.

Annahmen und Prinzipien der Verhaltenstherapie

In der Verhaltenstherapie gibt es bestimmte Annahmen und Grundprinzipien, die ihr zugrunde liegen und die helfen, die Herangehensweise an die Therapie zu verstehen. Hier einige der wichtigsten:

  • Verhalten kann geändert werden: Die Verhaltenstherapie basiert auf dem behavioristischen Modell, das besagt, dass Verhalten erlernt ist und somit auch verändert werden kann.
  • Fokus auf das Hier und Jetzt: In der Verhaltenstherapie stehen aktuelle Verhaltensweisen, Denkmuster und Probleme aus dem Hier und Jetzt im Vordergrund.
  • Zielorientierung: Gemeinsam mit dem oder der Therapeut:in setzt du klare und realistische Ziele, die während der Therapie erreicht werden sollen.
  • Aktive Mitarbeit: Du wirst aktiv in den Therapieprozess einbezogen und lernst verschiedene Techniken und Strategien, die du sowohl in den Therapiesitzungen als auch im Alltag anwenden kannst.
  • Lernen durch Erfahrung: In der Verhaltenstherapie erhältst du die Möglichkeit, neue Verhaltensweisen auszuprobieren und positive Erfahrungen zu sammeln.

Wann braucht man eine Verhaltenstherapie?

Eine Verhaltenstherapie kann in verschiedenen Situationen hilfreich sein. Im Allgemeinen wird sie zur Behandlung von psychischen Störungen und Problemen eingesetzt. Wenn du beispielsweise unter Angststörungen, Depressionen oder Zwangsstörungen leidest, kann eine Verhaltenstherapie eine effektive Unterstützung bieten.

Auch bei der Bewältigung von Stress, Konflikten oder schwierigen Lebenssituationen kann eine Verhaltenstherapie hilfreich sein. Wenn dich negative Denkmuster, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten belasten und du keine Veränderung schaffst, kann eine Verhaltenstherapie dabei unterstützen, neue Wege zu finden.

Verhaltenstherapie zur Prävention nutzen

Verhaltenstherapie kann nicht nur bei akuten Problemen helfen, sondern auch präventiv eingesetzt werden. Zum Beispiel, um bestimmte Fähigkeiten und Strategien zu erlernen, deine psychische Gesundheit zu stärken und zukünftige Herausforderungen besser bewältigen zu können.

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Bei welchen Störungen ist die Verhaltenstherapie geeignet?

Die Verhaltenstherapie ist eine vielseitige Therapieform, die für eine Vielzahl an Störungsbildern geeignet ist. Insbesondere bei folgenden psychischen Problemen hat sie sich als wirksam erwiesen:

  • Angststörungen: In der offiziellen Leitlinie wird die Verhaltenstherapie bei Angststörung aufgrund von Techniken wie Umstrukturierung als wirksamste Behandlungsform empfohlen.
  • Depressive Störungen: Verhaltenstherapie kann bei der Behandlung von Depressionen unterstützen, indem sie negative Denkmuster identifiziert und herausfordert.
  • Zwangsstörungen: Verhaltenstherapie, insbesondere die sogenannte Exposition mit Reaktionsverhinderung, ist eine effektive Behandlungsmethode für Zwangsstörungen.
  • Essstörungen: Bei Essstörungen wie Anorexie, Bulimie oder Binge-Eating-Störung kann diese Art der Psychotherapie eingesetzt werden, um dysfunktionale Ess- und Denkmuster zu behandeln.
  • ADHS: Wer weiß, wann und wie ADHS-bedingtes Verhalten auftritt, kann durch Verhaltenstherapie Strategien entwickeln, um diesem entgegenzuwirken.
  • Persönlichkeitsstörungen: Dein Umgang mit emotionalen Schwierigkeiten, zwischenmenschlichen Problemen und Selbstwertgefühl kann sich im Zuge der Therapie verbessern.

Was macht man bei einer Verhaltenstherapie?

In einer Verhaltenstherapie lernst du verschiedene Techniken und Strategien, um dein Verhalten und deine Denkmuster positiv zu beeinflussen. Dazu gehören z. B. Problemlösetechniken oder kognitive Umstrukturierung, also das Erkennen und Ersetzen negativer Gedanken durch hilfreichere und gesündere.

Du bildest mit deinem oder deiner Therapeut:in ein Arbeitsbündnis: Dabei ist die Verhaltenstherapie abzugrenzen von der psychologischen Beratung. Anstatt zu beraten, stellen Therapeut:innen vielmehr konkrete Fragen, um deinen Problemen auf den Grund zu gehen. Um eine Veränderung zu erreichen, ist es wichtig, dass ihr beide eng zusammenarbeitet.

Zusammenarbeit mit Therapeut:innen: So geht’s

Therapeut:innen werden dir nicht eine Lösung präsentieren können, da diese individuell ist. Sie unterstützen dich jedoch dabei, problematische Denk- und Verhaltensweisen genau zu definieren, zu erkennen und neue Verhaltensweisen zu erlernen. Daher bekommst du in den meisten Fällen auch Hausaufgaben und wirst auf diese Weise dazu ermutigt, das Gelernte außerhalb der Therapiesitzungen anzuwenden.

Wie ist der Ablauf einer Verhaltenstherapie?

Beginnt die Therapie

Der genaue Ablauf einer Verhaltenstherapie kann variieren, da er individuell auf die Bedürfnisse und Ziele der Einzelnen zugeschnitten wird. In der Regel beginnt die Therapie mit einer ausführlichen Exploration deiner Beschwerden, in der die Therapeutin oder der Therapeut gemeinsam mit dir deine aktuellen Probleme und Ziele erfasst. Die ersten Gespräche dienen ebenfalls dazu, eine Vertrauensbasis aufzubauen.

Diagnose

Zur Diagnose psychischer Erkrankungen werden neben den Gesprächen auch Fragebögen genutzt. Denn für die Durchführung einer krankenkassen finanzierten Verhaltenstherapie benötigst du eine konkrete Diagnose, z.B. eine soziale Phobie oder eine Depression.

Basierend auf deiner Diagnose wird schließlich ein individueller Therapieplan erstellt. Gehst du zu einem oder einer Privattherapeut:in und zahlst die Sitzungen selber, brauchst du nicht zwingend eine Diagnose; hier reicht es deinen Leidensdruck, deine Probleme bzw. dysfunktionale Verhaltensmuster zu schildern.

Therapiesitzungen

Die eigentliche Therapiephase beginnt danach. In regelmäßigen Sitzungen arbeitest du zusammen mit deinem oder deiner Therapeut:in an deinen Zielen. Dabei werden verschiedene verhaltenstherapeutische Techniken und Strategien eingesetzt, um positive Veränderungen im Denken und Verhalten zu erreichen. Dir werden neue Fähigkeiten und Werkzeuge vermittelt und du wirst aktiv dabei unterstützt, mit deinen Problemen umzugehen.

Während der Therapiephase ist es wichtig, dass du versuchst, offen und ehrlich zu kommunizieren. Oft schämen wir uns für unsere intimsten Gedanken oder Probleme: Aber keine Angst! Dein oder deine Therapeut:in wird dich für nichts verurteilen. Stattdessen wird sie oder er dir mit Mitgefühl und Verständnis entgegentreten. Gemeinsam versucht ihr, Ursachen und Erklärungen zu finden. Ihr werdet auch den Therapieverlauf regelmäßig evaluieren und überprüfen, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden oder ob Anpassungen oder weitere Schritte erforderlich sind.

Wie viele Sitzungen gibt es?

Die Anzahl der Sitzungen hängt von individuellen Bedürfnissen ab. Du kannst eine Kurzzeittherapie (12 Sitzungen à 50 Minuten), zwei aufeinander folgende Kurzzeittherapien (24 Sitzungen) oder eine Langzeittherapie (60 Sitzungen) machen, welche nach Abschluss auch noch mit 20 Stunden verlängert werden kann. Die Stunden können als Einzel- oder Doppelsitzung entweder wöchentlich oder in größeren Zeitabständen stattfinden.

Was sind verhaltenstherapeutische Methoden?

In der Verhaltenstherapie kommen unterschiedlichste Techniken und Strategien zum Einsatz, um positive Veränderungen im Verhalten und Denken zu erreichen, zum Beispiel folgende:

Selbstbeobachtung und Tagebuchführung

Durch die Selbstbeobachtung und das Führen eines Tagebuchs kannst du lernen, deine eigenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zu beobachten und zu dokumentieren. Dies ermöglicht eine bessere Selbstreflexion und die Identifizierung von Mustern und Zusammenhängen.

Expositionstherapie

Bei der Expositionstherapie wirst du schrittweise und kontrolliert mit den angstauslösenden Situationen oder Objekten konfrontiert, um die Angstreaktion zu reduzieren, zum Beispiel bei Angst- oder Zwangsstörungen. Die Expositionstherapie hat sich als wirksamster Faktor in der Behandlung von Angststörungen erwiesen.

Verhaltensexperimente

Verhaltensexperimente sind eine weitere wichtige Technik in der Verhaltenstherapie. Dabei werden Hypothesen über dein Verhalten und dessen Auswirkungen aufgestellt und anschließend in der Praxis überprüft. Indem du neue Verhaltensweisen ausprobierst und ihre Konsequenzen beobachtest, kannst du alternative Denk- und Verhaltensmuster entwickeln.

Kognitive Umstrukturierung

Diese Technik beinhaltet die Identifizierung und Überprüfung negativer oder irrationaler Denkmuster. Du lernst, deine eigenen negativen Denkmuster zu erkennen und durch realistischere und positive Gedanken zu ersetzen. Dies kann helfen, negative Emotionen und Verhaltensmuster zu verändern.

Verhaltensaktivierung

Bei der Verhaltensaktivierung geht es darum, aktiv an angenehmen Aktivitäten teilzunehmen, um depressive Stimmungszustände zu verbessern. Durch das Einbringen von positiven Erlebnissen und Verhaltensweisen kann deine Stimmungslage zum Besserenbeeinflusst werden.

Problemlösetraining

Das Problemlösetraining zielt darauf ab, dir Strategien zur Lösung von Problemen und zur Bewältigung von Herausforderungen beizubringen. Hierbei werden konkrete Schritte entwickelt, um Probleme zu erkennen, mögliche Lösungsstrategien zu finden, sich für eine zu entscheiden, diese umzusetzen und herauszufinden, ob diese geholfen haben.

Entspannungstechniken

Verschiedene Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder Atemübungen werden eingesetzt, um Stress zu reduzieren, körperliche Entspannung zu fördern und Angst- und Spannungszustände zu bewältigen.

Wie schnell wirkt eine Verhaltenstherapie?

Die Wirkung der Verhaltenstherapie variiert natürlich je nach Person und Problem. In einigen Fällen kann bereits nach wenigen Sitzungen eine spürbare Verbesserung eintreten, während andere Themen längerfristige Arbeit erfordern. Es ist wichtig zu verstehen, dass Veränderungen Zeit und Geduld brauchen. Dabei hängt der Erfolg der Verhaltenstherapie vor allem von deiner Bereitschaft zur Mitarbeit und deinem Einsatz außerhalb der Sitzungen ab.

Vor- und Nachteile der Verhaltenstherapie

Vorteile:

  • Zeitliche Begrenzung (meistens höchstens 60 Sitzungen)
  • Fokus auf aktuelles Erleben
  • Stark strukturierter Aufbau
  • Entwicklung praktischer Lösungsansätze für den Alltag
  • Bietet Hilfe zur Selbsthilfe
  • Wissenschaftlich bewiesene Wirksamkeit

Nachteile:

  • Weniger Berücksichtigung unbewusster Themen als beispielsweise bei der Psychoanalyse
  • Eventuell für Menschen mit Bedürfnis nach Selbsterkenntnis und Durcharbeitung kindlicher Erfahrungen weniger passend.

Wird eine Verhaltenstherapie von der Krankenkasse bezahlt?

Ja, die Verhaltenstherapie wird von der Krankenkasse bezahlt. Die Kosten für diese Therapieform können variieren und hängen von einigen Faktoren ab, z.B. ob du die Therapie in einer psychotherapeutischen Privatpraxis oder in einer Praxis mit Kassensitz aufsuchst.

In einer psychotherapeutischen Privatpraxis trägst du in der Regel die Kosten für die Therapie selbst. Die Honorare können je nach Therapeut:in variieren und können höher sein als die Kosten in einer Praxis mit Kassensitz.

In einer Praxis mit Kassensitz werden die Kosten für die Verhaltenstherapie in Deutschland in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Voraussetzung dafür ist jedoch die Diagnose einer psychischen Störung. Geht es dir vielmehr um eine präventive Beratung, kannst du zum Beispiel kostenfreie Beratungsstellen aufsuchen oder die Therapie privat bezahlen.

Wie komme ich an eine Verhaltenstherapie?

Wenn du eine Verhaltenstherapie beginnen möchtest, brauchst du keine Überweisung von deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt. Du kannst dich direkt an eine psychotherapeutische Praxis wenden.

Trotz direktem Zugang kann es schwierig sein, schnell einen freien Therapieplatz zu finden. Der Bedarf an von der Krankenkasse finanzierter Psychotherapie ist groß und viele Praxen sind über Monate hinweg ausgelastet.

Um deine Chancen auf einen schnellen Platz für eine Verhaltenstherapie zu erhöhen, kannst du folgende Wege nutzen:

  • Direkte Kontaktaufnahme mit Therapeut:innen über deren Websites oder allgemeine Online-Portale für Psychotherapeut:innen
  • Empfehlungen aus dem persönlichen Umfeld nutzen
  • Auf flexible Online-Therapieangebote zurückgreifen
  • Eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung findest du in unserem Ratgeber “So kommst du möglichst schnell an einen Therapieplatz”.

Wir bieten dir Unterstützung

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Fazit

Für welche Therapieform du dich entscheidest, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Darunter fallen etwa deine aktuellen Beschwerden, deine Ziele und deine persönlichen Vorlieben. Triff deine Entscheidung möglichst informiert.

Wichtig zu wissen: Laut einer großen Meta-Analyse aus dem Jahr 2018 ist nicht das gewählte Verfahren ausschlaggebend für den Erfolg der Behandlung, sondern vor allem die therapeutische Beziehung. Entscheidend ist gemäß dieser Studie, dass du dich gut aufgehoben fühlst und Vertrauen zur Therapeutin oder zum Therapeuten aufbauen kannst. Unser Überblick über die verschiedenen Therapieformen der Psychotherapie kann dir helfen, erste Orientierung zu finden.

Fiona Bustorff

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