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August 1, 2025

Was ist eine Angststörung? 10 Fakten, die du wissen solltest

Lesedauer: 6 Minuten

Angst kennt jede:r – etwa vor Prüfungen oder in Konfliktsituationen. In der Regel verschwindet sie wieder, sobald die Bedrohungssituation vorbei ist. Bei Menschen mit Angststörungen ist das jedoch anders: Angstreaktionen treten auch in eigentlich harmlosen Situationen auf und werden psychisch und physisch als sehr intensiv empfunden. Woran du eine Angststörung erkennst, welche typischen Symptome es gibt und wie du damit umgehen kannst, erfährst du hier.

Was ist eine Angststörung?

Angststörungen sind gekennzeichnet durch intensive Angstreaktionen, die wiederholt in Situationen auftreten, die gesunde Menschen als ungefährlich empfinden. Die erlebte Angst steht dabei in keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung. Betroffene wissen oft, dass ihre Reaktion übertrieben ist, können die Angst aber nicht kontrollieren. Wann und wo solche Angstreaktionen auftreten, hängt von der jeweiligen Form der Angststörung ab.

Das Gefühl der Angst ist dabei immer unangenehm und löst psychische und körperliche Reaktionen aus. Menschen mit Angststörungen versuchen deshalb häufig, ihr aus dem Weg zu gehen – etwa, indem sie bestimmte Auslöser wie Orte oder soziale Situationen meiden. Das kann so weit führen, dass Betroffene sich komplett zurückziehen oder ihren Alltag nicht mehr uneingeschränkt bewältigen können.

Was ist der Unterschied zwischen Angst und einer Angststörung?

Angst ist grundsätzlich ein normales und wichtiges Gefühl. Sie schützt uns in bedrohlichen Situationen und hilft uns, bei Bedarf schnell zu reagieren. Bei einer Angststörung dagegen tritt die Angst übermäßig stark, häufig oder langanhaltend auf. Das betrifft oft auch Situationen, die objektiv gar nicht gefährlich sind. Dadurch kann sie das tägliche Leben stark einschränken und zur psychischen Belastung werden.

Eine Angststörung ist keine Depression

Angststörungen und Depressionen treten oft gemeinsam auf. Sie können ähnliche Symptome verursachen, etwa Schlafprobleme oder Erschöpfung. Die Ursachen und Gefühle hinter den beiden Krankheitsbildern unterscheiden sich jedoch deutlich.

Bei einer Angststörung stehen übermäßige Sorgen, Nervosität und innere Unruhe im Vordergrund. Eine Depression zeigt sich dagegen meist durch anhaltende Leere, Traurigkeit und Antriebslosigkeit. Beide Erkrankungen können einzeln oder gemeinsam auftreten und sollten in einer Therapie gezielt behandelt werden.

Welche Symptome treten bei einer Angststörung auf?

Je nachdem, an welcher Art der Angststörung ein Mensch erkrankt ist, unterscheiden sich die Symptome.

Typische Angstsymptome, die bei jeder Angststörung auftreten können:

  • Herzrasen
  • Schweißausbrüche, Hitzewallungen oder Kälteschauer
  • Zittern, Kribbelgefühle im Körper
  • Trockener Mund oder Hals
  • Atembeschwerden oder Atemnot
  • Beklemmungsgefühl oder Schweregefühl in der Brust
  • Übelkeit
  • Schwindel, Schwächegefühl, Benommenheitsgefühl
  • Angst vor Kontrollverlust (“verrückt zu werden”, die Angst nicht “auszuhalten”)
  • Angst, zu sterben

Mehr darüber, wie du die Anzeichen einer Angststörung erkennst und sie von normaler Angst unterscheidest, findest du in unserem Artikel zu den Symptomen von Angststörungen.

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Welche Angststörungen gibt es?

Es gibt verschiedene Formen von Angststörungen – sie unterscheiden sich in ihren Auslösern, Symptomen und Auswirkungen.

Angststörungen mit konkreten Auslösern (Phobien)

Agoraphobie

Eine Agoraphobie ist die Angst vor (und Vermeidung von) Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, dem Alleinreisen oder Reisen mit weiter Entfernung vom eigenen Zuhause. Am häufigsten zeigt sie sich in der Angst, das Haus zu verlassen, einkaufen zu gehen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Oft ist das verbunden mit der Befürchtung, eine bestimmte Situation nicht unbeschadet verlassen zu können.

Soziale Phobie

Die soziale Phobie bezieht sich auf die Angst vor (und Vermeidung von) sozialen Situationen. Die Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, peinlich zu wirken oder bewertet zu werden, steht im Vordergrund. Diese Angst tritt beispielsweise beim Sprechen in der Öffentlichkeit (Vorträge halten), beim gemeinsamen Essen oder in Gruppensituationen auf. Zusätzlich befürchten viele Betroffene, zu erröten, zu zittern oder zu erbrechen.

Spezifischen Phobien

Bei spezifischen Phobien treten die Ängste nur in ganz bestimmten Situationen auf. Es kann jede Situation oder jedes Objekt zum Auslöser der Ängste werden. Zu den häufigsten Auslösern gehören jedoch bestimmte Tiere (z.B. Spinnen, Insekten, Vögel), Höhe, Donner, Flugreisen, geschlossene Räume oder Blut.

Angststörungen ohne konkrete Auslöser

Panikstörung

Eine Panikstörung ist gekennzeichnet von wiederkehrenden schweren Angstanfällen oder Panikattacken. Sie sind nicht auf spezifische Situationen oder Objekte beschränkt und können jederzeit spontan auftreten. Neben den starken körperlichen Symptomen erleben Betroffene hier häufiger die Angst zu sterben oder die Angst vor Kontrollverlust. Diese ungefährlichen Panikattacken beginnen in der Regel plötzlich und enden innerhalb weniger Minuten.

Generalisierte Angststörung

Auch bei der generalisierten Angststörung ist die Angst nicht auf bestimmte Situationen oder Objekte beschränkt. Stattdessen zeigt sie sich in einer ständigen, anhaltenden und übertriebenen Sorge, Nervosität oder Unruhe. Häufig bezieht sich diese auf die Befürchtung, dass einem selbst oder Angehörigen etwas Schlimmes zustoßen könnte.

Wie viele Menschen leiden an Angststörungen?

Angststörungen stellen die häufigste psychische Störung dar. Da es jedoch eine hohe Dunkelziffer gibt und nicht jede Person in Deutschland sich Hilfe sucht, lässt sich die genaue Zahl nur schwer ermitteln. Schätzungen zufolge erkranken innerhalb eines Jahres etwa 15 % der Bevölkerung in Deutschland an einer Angststörung. Das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Angststörung zu erkranken, liegt bei bis zu 30 %.

Welche Ursachen oder Gründe gibt es für eine Angststörung?

Die Anfälligkeit für Angststörungen - und psychische Erkrankungen im Allgemeinen - wird durch ein Zusammenspiel biologischer, psychologischer und sozialer Einflüsse geprägt. Dabei erhöhen bestimmte Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Angststörung zu entwickeln.

Biologische Faktoren, z.B.:

  • Genetische Veranlagung – familiäre Häufung von Angst- oder anderen psychischen Störungen
  • Störungen im Neurotransmitterhaushalt – Ungleichgewicht von Botenstoffen wie Serotonin oder Noradrenalin

Psychologische und soziale Faktoren (v. a. in der Kindheit), z.B.:

  • Frühe Trennungserfahrungen, z. B. durch Scheidung der Eltern
  • Chronischer Stress in der Kindheit – etwa durch instabile Lebensverhältnisse
  • Mobbing und soziale Ausgrenzung

Diese Risikofaktoren führen nicht zwangsläufig zur Entwicklung einer Angststörung. Häufig tritt eine solche Störung erst auf, wenn zusätzliche belastende Lebensereignisse hinzukommen:

Auslösende Belastungen, z.B.:

  • Akute oder chronische Überforderung
  • Trennungen und Beziehungsprobleme
  • Verlust nahestehender Personen
  • Finanzielle Sorgen oder berufliche Unsicherheit
  • Lebensverändernde Ereignisse, z. B. Umzug, Krankheit, Arbeitsplatzverlust

Wie wird eine Angststörung diagnostiziert?

Wenn Angst übermäßig stark wahrgenommen wird, besonders häufig oder in eigentlich harmlosen Situationen aufkommt, kann eine Angststörung vorliegen. Um das abzuklären, erfolgt die Diagnose in mehreren Schritten:

Diagnoseprozess bei Angststörungen

1- Anamnese (ärztliches oder psychotherapeutisches Gespräch):

In einem ausführlichen Gespräch werden Symptome, Auslöser, Verlauf und aktuelle Belastungsfaktoren besprochen. Auch familiäre und biografische Hintergründe fließen ein.

2- Psychologische Tests und Fragebögen:

Standardisierte Verfahren helfen Ärzt:innen und Therapeut:innen dabei, Art und Ausmaß deiner Ängste genauer einzuschätzen.

3- Körperliche Untersuchung:

Ärzt:innen prüfen, ob körperliche Ursachen die Symptome erklären könnten.

4- Ausschluss oder Abklärung weiterer Störungen:

Manchmal treten Angststörungen gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auf. Besonders häufig ist das in Kombination mit Depressionen der Fall.

Behandlung von Angststörungen: Was kannst du tun?

Es gibt verschiedene Ansätze, um eine Angststörung zu behandeln – welche Methode am besten zu dir passt, hängt auch von deinen individuellen Vorstellungen und Wünschen ab. Eine sehr wirksame Behandlungsmöglichkeit ist die Psychotherapie (auch in Kombination mit Medikamenten möglich).

Psychotherapie bei Angststörung

In Deutschland sind vier Therapieformen anerkannt, deren Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Sogenannte kassenzugelassene Richtlinienverfahren sind: die (kognitive) Verhaltens­therapie, die Psychoanalyse, die tiefen­psychologisch fundierte Psycho­therapie und die systemische Therapie.

Die kognitive Verhaltenstherapie erzielt bei Angststörungen die besten Erfolge. Aber auch die anderen Verfahren kommen zum Einsatz und können gute Ergebnisse erzielen.

Bei den spezifischen Phobien (also z.B. Spinnenangst, Flugangst) hilft Expositionstherapie am besten, daher sollte diese hier immer angeboten werden. Expositionstherapie ist eine Methode aus der Verhaltenstherapie und bedeutet, dass du lernst, dich den angstbesetzten Situationen auszusetzen. Ziel ist es, die Angst auszuhalten und dabei zu lernen, dass sie nicht gefährlich ist und von selbst wieder abklingt.

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Medikamentöse Behandlung

Je nach Schweregrad und Belastung der Betroffenen kann bei manchen Angststörungen auch eine medikamentöse Behandlung hilfreich oder sinnvoll sein. Welches Medikament helfen kann, wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst und sollte immer mit einem oder einer Ärzt:in abgeklärt werden. Es gibt für alle Angststörungen – außer bei spezifischen Phobien – wissenschaftliche Nachweise dafür, dass Medikamente hilfreich sein können. Trotzdem wird in der Regel zunächst eine Psychotherapie empfohlen.

Wie kann ich mit einer Angststörung umgehen und ihr vorbeugen?

Wenn du vermutest, an einer Angststörung zu leiden oder ein Risiko dafür zu haben, gibt es Möglichkeiten, im Alltag besser mit ihr umzugehen bzw. vorzubeugen.

Regelmäßig Sport treiben

Tatsächlich kann Sport bei Angststörung hilfreich sein. Besonders gut bewährt hat sich Ausdauersport wie Joggen (z. B. drei Mal pro Woche), aber auch Krafttraining, Spaziergänge oder andere Sportarten können unterstützend wirken.

Entspannungsverfahren erlernen

Entspannungsverfahren helfen, die körperliche Stress- und Angstreaktion zu regulieren. Das können zum Beispiel Atemübungen zur Beruhigung des Herzschlags oder Verfahren wie die Progressive Muskelentspannung sein.

Achtsamkeit lernen

Achtsamkeit bedeutet, im Hier und Jetzt zu sein. Wahrzunehmen, was gerade da ist, ohne es zu bewerten oder vermeiden zu wollen. Achtsamkeit hilft nachweislich gegen Stress, Ängste, Depressionen sowie dabei, gelassener und zufriedener zu sein. Es gibt viele unterschiedliche Übungen – so ist für jede:n etwas dabei.

Selbstfürsorge

Selbstfürsorge ist ein großer Begriff, der eigentlich alles zusammenfasst, was dir guttut. Angefangen bei den Grundlagen: ausreichend Schlaf, regelmäßige Mahlzeiten, eine gesunde Ernährung, ausreichend Flüssigkeit und bewusste Ruhezeiten. Das reduziert (körperlichen) Stress und hilft, um Ängste vorzubeugen und Rückfälle zu vermeiden.

Stress vermeiden

Stress und Ängste lösen im Körper ähnliche Reaktionen aus, weshalb sie oft miteinander zusammenhängen. Wenn du Stress reduzierst, können sich auch deine Ängste verringern. Vielleicht hilft es dir, bei der Arbeit öfter einmal 'Nein' zu neuen Aufgaben zu sagen, deinen Tag anders zu strukturieren oder mehr Ausgleich in deinen Alltag zu bringen.

Fazit

Eine Angststörung ist in der Regel gut zu behandeln, erst recht, wenn sie schnell entdeckt wird. Auch wenn du dir nicht ganz sicher bist, ob du eine Angststörung hast: Such dir frühestmöglich Hilfe.

Diese Hinweise sprechen für eine Angststörung:

  • Angst tritt wiederholt in Alltagssituationen ohne reale Gefahr auf.
  • Die Angst ist unverhältnismäßig stark bzw. der Situation unangemessen.
  • Du meidest bestimmte Orte oder Situationen, obwohl du weißt, dass deine Angst unbegründet oder übertrieben ist.
  • Dein Alltag wird stark negativ eingeschränkt, z. B. in sozialen Kontakten, im Job oder in der Freizeit.
  • Körperliche Symptome wie Herzrasen, Zittern oder Schwindel treten häufig ohne erkennbaren Auslöser auf.

Tritt eines oder mehrere dieser Merkmale auf, solltest du dich an eine Hausärzt:in oder Psychotherapeut:in wenden.

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Christin Thedens

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