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August 25, 2023

Essstörung: Ursachen, Symptome und Bewältigungsstrategien

Lesedauer 7 Minuten

In den sozialen Medien werden wir tagtäglich mit unrealistischen Schönheitsidealen bombardiert, die es uns erschweren, uns zu erinnern, dass das dort tausendfach gezeigte „Ideal“ nicht dem „Normal“ entspricht. Und noch viel weniger der Wahrheit.

Viele rücken sich durch Filter, Photoshop und aufwendiges Drapieren in ihr „bestes Licht“. Dass dies Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit haben kann, ist längst bekannt. In einer Ära, in der die Bildschirme Schönheitsideale vorgeben, brechen und verzerren, ist es nicht verwunderlich, dass unter anderem dadurch die Einstellung zum eigenen Körper beeinflusst wird und Essstörungen an Häufigkeit zunehmen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Arten von Essstörungen, ihre Symptome sowie möglichen Ursachen und Behandlungsformen, um ein besseres Verständnis für dieses komplexe Thema zu gewinnen.

Was ist eine Essstörung?

Eine Essstörung ist nicht bloß ein körperliches Problem, bei welchem du einen zu geringen oder zu hohen BMI (engl. Body Mass Index) aufweist. Eine Essstörung ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die deine Beziehung zu dir und deinem Körper sowie dein Essverhalten stark beeinflusst. Sie kann sowohl physische als auch emotionale Auswirkungen haben und erfordert eine angemessene Aufmerksamkeit, Unterstützung und Behandlung.

Es gibt verschiedene Arten von Essstörungen. Man unterscheidet in der Psychologie zwischen folgenden Formen:

Bei der Anorexie, auch als Magersucht bekannt, strebst du nach einem drastischen Gewichtsverlust und siehst dich selbst oft als übergewichtig, obwohl dies objektiv betrachtet nicht der Fall ist. Dies kann zu einem extremen Kalorienverzicht und anderen gesundheitlichen Komplikationen führen.

Bulimie hingegen beinhaltet wiederkehrende Episoden von übermäßigem Essen, gefolgt von Gegenmaßnahmen wie Erbrechen oder exzessivem Sport, um das Essverhalten "auszugleichen". Dieser Zyklus kann deine körperliche Gesundheit beeinträchtigen und dich emotional stark belasten. Mehr über Bulimie kannst du hier lesen.

Die Binge-Eating-Disorder zeichnet sich durch Heißhungeranfälle aus, bei denen du große Mengen Nahrung in kurzer Zeit konsumierst und das Gefühl von Kontrollverlust erleben kannst. Dies kann zu Übergewicht und verschiedenen gesundheitlichen Problemen führen.

Unabhängig von der Art der Essstörung ist es wichtig, so früh wie möglich für  professionelle Hilfe und Unterstützung zu sorgen, um deine Gesundheit und Wohlbefinden wiederherzustellen und einer Chronifizierung der Störung entgegenzuwirken.

Wie viele sind betroffen?

In Deutschland sind derzeit schätzungsweise 2-3% der Menschen von einer Essstörung betroffen, was auf eine Gesamtzahl von etwa 1,6-2,4 Millionen Menschen hinweist. Die Gesamtzahl der Menschen, die im Verlauf ihres Lebens von einer Essstörung betroffen sein könnten, liegt bei etwa 5-10%.

Unter den verschiedenen Essstörungen ist die Binge-Eating-Disorder am häufigsten anzutreffen. Etwa 1-3% der Bevölkerung in Deutschland leidet an dieser Form der Essstörung. Die Anorexie betrifft schätzungsweise 0,1-0,5% der Menschen und Bulimie tritt bei etwa 0,5-1,5% der Bevölkerung auf. Dabei sind Frauen typischerweise häufiger von Essstörungen betroffen als Männer (Anorexie: 1,1% zu 0,3%; Bulimie: 0,3% zu 0,1%).

Welche Symptome treten bei einer Essstörung auf?

Essstörungen sind komplexe psychische Gesundheitsprobleme, die das Essverhalten und die Wahrnehmung des eigenen Körpers beeinflussen. Sie können in Form von Anorexie, Bulimie und Binge-Eating-Disorder auftreten, wobei jede dieser Störungen spezifische Symptome aufweist. 

Bei der Anorexie steht das selbst herbeigeführte Untergewicht im Vordergrund: es kommt zu drastischem Gewichtsverlust, begleitet von intensiver Angst vor Gewichtszunahme, einem verzerrten Körperbild und restriktiven Essgewohnheiten. 

Bulimie beinhaltet wiederholte Essanfälle, gefolgt von Gegenmaßnahmen wie Erbrechen oder übermäßigem Sport, begleitet von Schuldgefühlen und Scham. 

Bei der Binge-Eating-Disorder treten regelmäßige Heißhungeranfälle auf, begleitet von einem Gefühl des Kontrollverlusts, oft gefolgt von starken Schuldgefühlen.

Trotz ihrer unterschiedlichen Charakteristika und Ausprägungen weisen Anorexie, Bulimie und Binge-Eating-Disorder einige gemeinsame Symptome und Merkmale auf, die mit einer allgemeinen Störung im Essverhalten, einen starken Fokus auf das Gewicht und Körperbild und emotionalen sowie physischen Belastungen zusammenhängen. Hier sind einige der wichtigsten gemeinsamen Symptome:

  • Körperbild und Selbstwertgefühl: Für Menschen, die unter einer Essstörung leiden, hat das Gewicht eine zentrale Bedeutung für das Selbstbild. Betroffene können ein gestörtes Körperbild haben, bei dem sie sich selbst als unattraktiv oder übergewichtig wahrnehmen, unabhängig von ihrem tatsächlichen Gewicht. Dies kann in der Folge zu einem niedrigen Selbstwertgefühl führen.
  • Gefühl des Kontrollverlustes: Betroffene erleben oft das Gefühl des Kontrollverlustes in Bezug auf ihr Essverhalten. Während Essanfällen (bei Bulimie und Binge-Eating-Disorder) oder während des strengen Kalorienverzichts (bei Anorexie) haben sie das Gefühl, die Kontrolle über ihr Essverhalten zu verlieren.
  • Starker Fokus auf Essen und Gewicht: Menschen mit Essstörungen haben oft einen übermäßigen Fokus auf Essen, Kalorienzählen, Gewichtskontrolle und Körpermaße. Dies kann zu intensiven Gedanken und Ängsten rund um diese Themen führen.
  • Emotionale Belastung: Essstörungen können mit starken emotionalen Belastungen einhergehen, darunter Schuldgefühle, Scham, Angst und Depression. Diese Emotionen können vor, während und nach den Essanfällen auftreten.
  • Soziale Isolation: Betroffene können sich aufgrund ihrer Essgewohnheiten und Körperwahrnehmung von anderen isoliert fühlen. Sie könnten soziale Aktivitäten (wie gemeinsames Essen) meiden, um ihre Essstörung zu verbergen.
  • Körperliche Komplikationen: Essstörungen können zu einer Reihe von physischen Gesundheitsproblemen führen, einschließlich Herzproblemen, Verdauungsstörungen, Elektrolytungleichgewichten, Haarausfall und Osteoporose.

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Welche Ursachen oder Risikofaktoren gibt es für eine Essstörung?

Die Entstehung einer Essstörung ist ein komplexes Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren. Sowohl biologische, psychologische als auch soziale Elemente tragen dazu bei. Zum einen spielt die genetische Veranlagung eine Rolle, da Essstörungen in Familien tendenziell gehäuft auftreten. Auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, wie Perfektionismus, geringes Selbstwertgefühl und ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle können das Risiko erhöhen. Zudem können neurochemische Ungleichgewichte im Gehirn die Stimmung, den Appetit und die Impulskontrolle beeinflussen und somit eine Anfälligkeit für Essstörungen schaffen.

Auch gesellschaftliche Faktoren wie der Druck, einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen (wie solchen auf Instagram & Co), können eine Rolle spielen. Der Konsum sozialer Medien, welche uns oft unrealistische Körperbilder präsentieren, kann die Körperzufriedenheit beeinträchtigen und zu einem starken Fokus auf den Körper und das Gewicht beitragen. Auch bestimmte Lernerfahrungen, wie traumatische Erfahrungen durch Missbrauch, Mobbing oder familiäre Konflikte können das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und dazu führen, den eigenen Selbstwert abhängig vom Körper und Gewicht zu machen. Daraus kann eine gestörte Beziehung zum Essen und dem eigenen Körper entstehen. Auch Diäten, übermäßige Gewichtskontrollen oder Essanfälle können den Grundstein für Essstörungen legen, indem sie das Risiko für ungesunde Essgewohnheiten erhöhen.

Ebenso tragen psychologische Aspekte wie Stress, Angst und Depression zur Entwicklung von Essstörungen bei, da Essen für manche Menschen eine Bewältigungsstrategie sein kann, um mit emotionalen Belastungen umzugehen. Auch soziale Isolation und mangelnde Unterstützung können das Risiko für eine Essstörung weiter erhöhen, da das Fehlen sozialer Kontakte die Wahrscheinlichkeit von ungesundem Essverhalten steigern kann.

Die Entstehung von Essstörungen ist sehr individuell und kann von Person zu Person variieren. Oft sind es mehrere Faktoren, die zusammenwirken, die eine Essstörung auslösen. Ein umfassendes Verständnis dieser Faktoren kann also dabei helfen, Essstörungen frühzeitig zu erkennen und präventiv etwas dagegen zu unternehmen, um Betroffenen rechtzeitig Unterstützung zu bieten und die Risiken für die Entwicklung oder Chronifizierung einer Essstörung zu minimieren.

Essstörung: Was tun?

Therapie von Essstörung

In einer Psychotherapie zur Behandlung von Essstörungen stehen verschiedene Ansätze und Techniken zur Verfügung, die darauf abzielen, die zugrunde liegenden Ursachen, Denkmuster und Verhaltensweisen anzugehen. Hier sind einige wichtige Aspekte, die in der Psychotherapie für Essstörungen behandelt werden:

Verhaltenstherapie: Dies ist eine der am häufigsten verwendeten Therapieformen für Essstörungen. In der Verhaltenstherapie kannst du lernen, die ungünstigen, ungesunden Gedanken und Denkmuster, die zu deiner Essstörung beitragen, zu identifizieren und zu bewältigen. Du entwickelst Strategien, um hilfreiche Gedanken zu formulieren und gesunde Verhaltensweisen zu fördern.

Anbei eine Übersicht über die verschiedenen Strategien, die dabei zum Einsatz kommen:

  • Ernährungsüberwachung und -planung: Therapeut:innen können dir dabei helfen, eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu entwickeln. Du lernst, dich von strikten  Diäten zu lösen und ein besseres Verständnis für Nahrungsmittel und Essensgewohnheiten zu entwickeln.
  • Expositionstherapie: Dies ist ein Ansatz, um Ängste vor bestimmten Nahrungsmitteln oder Esssituationen abzubauen. Du wirst schrittweise dazu ermutigt, dich deinen Ängsten zu stellen, um festgefahrene Muster zu durchbrechen.
  • Emotionsregulation: Essstörungen sind oft mit Emotionsproblemen verbunden. In der Therapie lernst du, Emotionen zu erkennen, zu akzeptieren und auf gesunde Weise zu regulieren, anstatt sie durch ungesundes Essverhalten zu unterdrücken.
  • Körperbildarbeit: Ein zentrales Element ist die Förderung eines positiven Körperbildes. Du lernst, deinen Körper realistisch und liebevoll wahrzunehmen, unabhängig von äußeren Einflüssen.
  • Bewältigungsstrategien: Du entwickelst gesunde Bewältigungsstrategien, um mit Stress, Angst und anderen emotionalen Herausforderungen umzugehen, ohne auf Essverhalten zurückzugreifen.

Gruppen- oder Einzeltherapie: Die Therapie kann in Einzel- aber auch in Gruppensitzungen stattfinden. Gruppensitzungen bieten dir die Möglichkeit, dich mit anderen Betroffenen auszutauschen, von ihren Erfahrungen zu lernen und Unterstützung zu erhalten.

Andere Behandlungsformen

  • Medikamente: In einigen Fällen können Medikamente, wie Antidepressiva oder Stimmungsstabilisatoren, Teil der Behandlung sein. Sie können dazu beitragen, Begleiterscheinungen wie Depressionen oder Angstzustände, nicht jedoch die Essstörung an sich zu lindern.
  • Familientherapie: Besonders bei Jugendlichen kann Familientherapie von Vorteil sein. Essstörungen betreffen nicht nur die Einzelperson, sondern auch das familiäre Umfeld. In der Therapie werden Kommunikationsmuster verbessert und Familienmitglieder lernen, wie sie unterstützen können.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann sehr hilfreich sein. Es ermöglicht, Erfahrungen zu teilen, sich verstanden zu fühlen und praktische Ratschläge von Menschen zu erhalten, die ähnliche Herausforderungen bewältigen.
  • Ernährungstherapie: Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil der Genesung. Unterstützung von Ernährungsexpert:innen kann helfen, gesunde Essgewohnheiten zu etablieren, Ängste vor bestimmten Lebensmitteln abzubauen und den Körper mit den notwendigen Nährstoffen zu versorgen.
  • Stationäre oder ambulante Behandlung: Je nach Schwere der Essstörung kann eine stationäre oder ambulante Behandlung notwendig sein. Stationäre Programme bieten intensive Unterstützung in einer kontrollierten Umgebung, während ambulante Programme flexibler sind und in der Regel wöchentliche Therapiesitzungen beinhalten.

Es ist wichtig zu betonen, dass keine Einheitslösung für alle passt. Die Behandlung sollte individuell auf die Bedürfnisse und Umstände der betroffenen Person abgestimmt werden. Wenn du oder jemand, den du kennst, von einer Essstörung betroffen ist, scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist mutig, Unterstützung zu suchen und der Weg zur Genesung ist möglich.

Wie kann ich einer Essstörung vorbeugen?

Die Vorbeugung von Essstörungen ist ein wichtiges Thema, denn je früher du über Risikofaktoren Bescheid weißt und geeignete Maßnahmen ergreifen kannst, desto besser kannst du potenziellen Herausforderungen begegnen. Obwohl Essstörungen durch eine Kombination von Faktoren verursacht werden, gibt es dennoch Schritte, die du unternehmen kannst, um das Risiko zu reduzieren:

  • Förderung eines positiven Körperbildes: Dich selbst und deinen Körper zu akzeptieren, wie er ist, kann dazu beitragen, unrealistischen Schönheitsstandards und dem Druck zur Gewichtsabnahme zu widerstehen. Ein gesundes Selbstwertgefühl und eine positive Selbstwahrnehmung können vorbeugend wirken.
  • Gesunde Einstellung zum Essen: Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ohne strikte Verbote kann dazu beitragen, ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln. Vermeide extrem strikte  Diäten oder übermäßige Fokussierung auf Kalorienzählen.
  • Bewältigungsstrategien: Lerne gesunde Bewältigungsstrategien für Stress, Angst und andere emotionale Belastungen. Yoga, Meditation, kreative Aktivitäten oder Sport können dabei helfen, Emotionen auf positive Weise zu verarbeiten.
  • Förderung von Selbstakzeptanz: Unterstütze dich selbst darin, dich unabhängig von deinem Aussehen wertvoll zu fühlen. Identifiziere deine Stärken und Fähigkeiten, die nichts mit deinem Körpergewicht zu tun haben.
  • Offene Kommunikation: Schaffe ein offenes Umfeld, in dem über Körperbild, Essverhalten und emotionale Herausforderungen gesprochen werden kann. Dies kann dazu beitragen, Scham und Isolation zu reduzieren.
  • Achtsamer Umgang mit Medien: Sei kritisch gegenüber idealisierten Körperbildern in den Medien. Versuche, dich nicht ständig mit unrealistischen Schönheitsstandards zu vergleichen und lösche gegebenenfalls Apps, bei denen du das Gefühl hast, dass sie dir eher schaden als nützen.
  • Frühzeitige Intervention: Wenn du Anzeichen von Essstörungen bei dir selbst oder anderen bemerkst, suche frühzeitig professionelle Hilfe. Je früher eine Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Genesung.

Eine Vorbeugung ist keine Garantie gegen Essstörungen – dennoch können diese Schritte dazu beitragen, ein gesundes Verhältnis zum Essen, zum Körper und zu dir selbst zu fördern. Das kann dir dabei helfen, das Risiko für eine Essstörung zu minimieren. 

Während wir so häufig unseren Blick über die glitzernde, „perfekte“ Oberfläche der sozialen Medien schweifen lassen, ist es unerlässlich, sich daran zu erinnern, dass wahre Schönheit in der Tiefe liegt. Essstörungen rücken stets den Körper in den Vordergrund, doch das Strahlen eines gesunden Selbstwertgefühls kommt von innen. Deine Wertigkeit wird nicht durch dein Aussehen bestimmt, sondern durch deine Gedanken, Taten und Beziehungen. Es ist an der Zeit, den Fokus von Likes und Kommentaren auf Selbstfürsorge und emotionale Stärke zu lenken. Denn letztendlich sind es die unsichtbaren Qualitäten – wie Freundlichkeit, Empathie und Entschlossenheit –, die dein eigentliches Leuchten ausmachen. Also lasst uns gemeinsam den Blick auf das richten, was wirklich zählt: dein inneres Strahlen und deine Facetten, Ressourcen und Stärken, die nur darauf warten, die Welt zu begeistern.

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Friederike Schubbert

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