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Februar 6, 2023

Instagram, Facebook, TikTok: Welchen Einfluss haben die sozialen Medien auf unsere Psyche?

Lesedauer 6 Minuten

Das Smartphone - der neue “beste Freund” der Menschheit. Unser Smartphone haben wir ständig dabei und ohne es fühlen wir uns schnell “nackt”. Schließlich befindet sich “unser halbes Leben” auf dem kleinen Ding. Die vielen Apps (Instagram, Facebook, TikTok & Co) liefern ein schnelles, stets offenes Tor zu unseren Kontakten. Zu jederzeit und von überall können wir andere Menschen erreichen. 

Wie fühlst du dich, wenn du das Wort “soziale Medien” auf dich wirken lässt? Woran denkst du?

Soziale Medien machen unser Leben zunächst einmal leichter: Sie tragen dazu bei, dass wir uns mit der ganzen Welt innerhalb kürzester Zeit “connecten” (= vernetzen) können: mit unseren Freund:innen, Familienmitgliedern, entfernten Bekannten und Kolleg:innen. Ohne uns nur 1cm zu bewegen, können wir sie anrufen, anschreiben, anstupsen, uns die neuesten Fotos anschauen und Einblicke in ihr Leben erhalten. Wir kommen schnell und leicht an Unmengen von Informationen: gute, schlechte, wichtige, überflüssige – ob wir wollen oder nicht. Und dabei geht es nicht nur um uns bekannte Menschen. Auch von Promis oder Influencer:innen, die wir noch niemals getroffen haben, können wir uns plötzlich das Frühstück oder die Urlaubsfotos ansehen. Denn soziale Medien stellen eine Ausdrucksplattform dar und bieten somit viel Platz zur Selbstdarstellung. In den Apps kannst du dich nicht nur von deinen Lieblings-Influencern inspirieren lassen, sondern auch selbst kreativ werden, dich ausdrücken und nebenbei noch Bestätigung für das Ganze erhalten. 

Viele Menschen scheinen soziale Medien als einen Ersatz für vermeintliches “Glück”, als Quelle für positive Emotionen zu nutzen. Wie positiv die Auswirkungen der Nutzung sozialer Medien genau sind, wollen wir uns in diesem Artikel genau angucken. Denn trotz all der spürbaren Vorteile birgt auch die soziale Mediennutzung Gefahren. 

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Wofür nutzen wir soziale Medien?

Die Nutzung sozialer Medien lässt sich grob in 5 Unterbereiche aufteilen. 

  • Informationssuche & Inspiration: Der Wunsch dahinter ist das Stillen der Neu- und Wissbegierde. Dabei kann es um unterschiedlichste Themen gehen wie Vorkommnisse in der Welt, Ernährung, Mode, Kosmetik, Psychologie, Einrichtung, Religion, Politik, Reisen, Outdoor-Aktivitäten…
  • Soziale Interaktion: Im Vordergrund steht hierbei der Kontakt zu den Mitmenschen. Es geht darum, zu kommunizieren. Wie auch in einer realen Unterhaltung geht es somit ums “zuhören” (anschauen und liken von Inhalten Anderer) und “mitteilen” (selbst Inhalte kreieren und teilen).
  • Langeweile & Zeitvertreib: In dieser Kategorie werden soziale Medien konsumiert, wenn man zum Handy greift (häufig bereits aus Gewohnheit), weil man gerade nichts besseres zu tun hat und gelangweilt ist (z.B. wenn man abends nichts vor hat, im Bus nach Hause sitzt oder auf jemanden wartet.)
  • Suche nach positiven Emotionen: In diese Kategorie fällt das Konsumieren unterhaltsamer Inhalte, welche zur eigenen Belustigung, Entspannung und Spaß beitragen und eine gute Stimmung herbeiführen sollen.
  • Flucht vor negativen Emotionen: Hierbei geht es um die Flucht und Ablenkung von negativen Emotionen, von Stress, Problemen und unangenehmen Pflichten. 

Studien konnten zeigen, dass insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene einen hohen sozialen Medienkonsum haben. Eine Studie der DAK mit 1001 Teilnehmenden konnte zeigen, dass 12-17 Jährige täglich im Schnitt ca. 2,5 Stunden auf sozialen Netzwerken verbringen, wobei Mädchen soziale Medien häufiger nutzen als Jungen. Auch erzielten Mädchen höhere Werte, wenn es um Fragen zur suchtartigen Nutzung ging. 

Ab wann kann man von einem suchtartigen Verhalten sprechen?

Es gibt bisher keine entsprechende Diagnose, aber Fragebögen aus dem Ausland helfen, das Nutzungsverhalten etwas besser einzuschätzen. Ein Fragebogen aus den Niederlanden (“Social Media Scale”) orientiert sich dabei an den Kriterien für anerkannte Sucht- und Abhängigkeitsstörungen. Die 9 verschiedenen Skalen lauten: Beschäftigung, Toleranz, Rückzug, Beharrlichkeit, Verdrängung, Probleme, Täuschung, Flucht und Konflikte. In der DAK Studie erfüllten insgesamt 2,6% aller Teilnehmer:innen die Kriterien für ein suchtartiges Nutzungsverhalten. 

Das Problem dabei: Die suchtartige Nutzung sozialer Medien ist kaum auffällig. Was würdest du denken, wenn jemand an hellichtem Tage auf einer Parkbank sitzt und aus einer Wodkaflasche trinkt? Was würdest du denken, wenn dort jemand sitzt und ins Smartphone vertieft ist?

Ab wann wird die Nutzung sozialer Medien gefährlich?

Bislang haben viele Studien die Auswirkungen einer sozialen Mediennutzung auf die Psyche untersucht. Das Bild ist dabei nicht ganz einheitlich. Bisher konnte die Forschung zwar einen Zusammenhang zwischen erhöhter sozialer Mediennutzung und psychischer Gesundheit zeigen, jedoch nicht eindeutig nachweisen, dass die erhöhte Mediennutzung auch die Ursache für eine schlechtere psychische Verfassung ist.

Viele Studien untersuchen zum Beispiel den Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Medien und Depressionen. So konnte eine Studie in Pittsburgh & Arkansas mit 990 Teilnehmer:innen (zwischen 18-30 J.) zeigen, dass diejenigen, die am meisten Gebrauch von den sozialen Medien machen, nach 6 Monaten am meisten depressive Symptome zeigten. Auch eine Langzeitstudie in Montreal mit 3826 Teenagern konnte bestätigen, dass mehr Zeit auf sozialen Medien mit mehr depressiven Symptomen einherging. Dabei wurde unter anderem gefunden, dass sich Nutzer:innen häufig mit Inhalten befassten, die bereits zu ihrer gedrückten Stimmung passten und die sie folglich nur noch weiter “runterzogen”. Die Studienlage ist jedoch umstritten. Neueste Studienergebnisse zeigen, dass die Häufigkeit der Nutzung nicht alleine als Kriterium genügt, um einen Zusammenhang zu Depressionen herzustellen. Vielmehr komme es auf die Art der Nutzung an, z.B. ob jemand soziale Netzwerke aktiv oder passiv nutze. So stünden sowohl ein starkes emotionales Investment (z.B. wenn soziale Medien für jemanden eine wichtige Rolle im Leben einnehmen), die konstante Überwachung der Aktivität auf sozialen Medien (als potentieller Stressor) sowie das passive Durchscrollen von Inhalten in besonderem Zusammenhang mit depressiven Symptomen. 

Betrachtet man lediglich Zusammenhänge, z.B. zwischen dem parallelen Auftreten einer erhöhten Nutzungshäufigkeit mit depressiven Symptomen, ist das wie mit der Henne-Ei-Frage: was bedingt was? Darauf hat die Forschung jedoch bislang keine Antwort. Der Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Medien und depressiven Symptomen bedeutet nicht, dass soziale Medien depressiv machen. Es kann beispielsweise ebenso sein, dass Menschen mit einem Hang zu depressiven Symptomen oder anderen psychischen Problemen eher dazu neigen, soziale Medien häufiger zu nutzen. Eine Forschungsgruppe aus Tilburg fand beispielsweise, dass über die 10.000 Studien-Teilnehmenden hinweg ein stärkerer Social-Media-Gebrauch mit einem niedrigeren Wohlbefinden einhergeht. Betrachtet man die Teilnehmenden allein und über den Verlauf eines Jahres hinweg, hängen ein stärkerer Social-Media-Gebrauch und ein niedrigeres Wohlbefinden nicht mehr miteinander zusammen. Auch diese Studie unterstützt die Annahme, dass Hypothesen über den Social-Media-Gebrauch als Ursache für die Zunahme an psychischen Problemen etwas voreilig sind.

Doch wie beeinflussen soziale Medien unsere Psyche? Was sagt die Forschung?

1. Soziale Vergleiche & innerer Druck

Ein wichtiger Faktor sind soziale Aufwärtsvergleiche. Was wir in sozialen Medien sehen, entspricht meistens nicht der Realität bzw. ist ein sehr einseitiges Bild der Realität. Eine Studie in Calgary zeigte, dass häufige und extreme Aufwärtsvergleiche in sozialen Medien mit einem niedrigen Selbstwertgefühl, negativer Stimmung und weniger Lebenszufriedenheit zusammenhängen. Auf sozialen Medien ist bloß Platz für gefilterte Wahrheiten und Negatives wird selten gezeigt. Menschen werden mit unrealistischen Idealbildern präsentiert. Die Dissonanz (Unterschied) zu ihrem Ideal-Selbst wächst und sie werten sich in der Folge selbst ab, entwickeln Gefühle von Neid und Minderwertigkeit und ihre Stimmung trübt sich. Kein Wunder - in den sozialen Netzwerken sind wir stets mit perfekten Körpern konfrontiert. Die Influencer:innen mit ihren öffentlich geteilten Geschichten wirken dabei fast so nahbar wie Nachbar:innen und suggerieren damit, dass alle Welt so aussehen würde wie sie. Dabei vergessen wir häufig, wie der Winkel, die Pose sowie die Retusche über Bildbearbeitungsprogramme erst dazu beitragen, dass das Foto so aussieht wie es aussieht. 

Einige Studien zeigen, dass die Nutzung sozialer Medien auch mit einem starken inneren Druck, auch etwas von sich zu posten, zusammenhängt, nach dem Motto: “Wenn ichs nicht gepostet hab, ist es auch nicht passiert”. Dazu gehört auch die Angst, etwas zu verpassen oder auch FOMO (engl. fear of missing out): Von sozialen Medien macht man häufig zu Hause (z.B. auf dem Sofa) Gebrauch. Wer dann sieht, was die Anderen “alle” Tolles erleben, hat womöglich Sorge, etwas zu verpassen und fühlt sich im Vergleich vielleicht weniger interessant, weniger wertvoll und in der Stimmung deprimierter.

2. Überangebot an Informationen

Ein weiterer Faktor ist die Reizüberflutung in den sozialen Medien. Eine Studie fand heraus, dass der Gebrauch von sozialen Medien mit einer wahrgenommenen Informationsüberladung zusammenhängt (teilweise von Inhalten, die wir gar nicht sehen wollen, welche aber automatisch auf unserer Startseite erscheinen). Eine Reizüberflutung kann zu Erschöpfung führen, welches als eines der Hauptsymptome von Depressionen gilt. Dabei lässt sich die Reizüberflutung auf all die Inhalte beziehen, jedoch auch auf all die Nachrichten, die wir täglich erhalten und die wir noch beantworten “müssen”. Denn antworten wir mal ein paar Stunden nicht, erreicht uns häufig ein “?”, welches uns symbolisieren soll “Du wirst gebraucht – antworte mir!”. Die ständige Erreichbarkeit kann einerseits einen Druck auslösen, andererseits können auch wir uns schnell ungeduldig fühlen, wenn uns jemand nicht sofort schreibt. Die Fülle an Informationen sowie an geforderten Reaktionen und Antworten kann uns also leicht überfordern und überlasten.

3. Keine Zeit für anderes

Auch verhindert der häufige Gebrauch sozialer Medien, dass Zeit mit anderen Dingen verbracht wird. So geht die Nutzungszeit auf Kosten von echten Verabredungen, Sport, Kreativität, Tagträumen und Schlaf. In einer Studie in Bochum wurden die Teilnehmenden darum gebeten, 20 Minuten weniger Facebook am Tag zu nutzen. Das Ergebnis: Sie bewegten sich mehr, rauchten weniger und gaben an, sich im Allgemeinen zufriedener zu fühlen. Die Effekte hielten für 3 Monate an. Das zeigt: Verbrachte Zeit in sozialen Netzwerken stiehlt uns Zeit im echten Leben, die wir stattdessen für wertvolle und ehrlich glücksfördernde Aktivitäten nutzen könnten. 

4. Internet-Stress

Die Möglichkeit innerhalb kürzester Zeit eine Menge an Informationen auszusenden, die bezüglich ihrer Wahrheit nicht gefiltert werden, konfrontiert die Internet-Generation leider auch mit Herausforderungen. Es geht um Phänomene wie Cyberbullying (Mobbing im Internet), Ghostlighting (Ignorieren von Nachrichten/ plötzlich auf keine Nachrichten mehr antworten) oder Vaguebooking (einen vague, unklare bzw. ambivalente Statusnachricht posten, die Freund:innen online “besorgt”, so dass diese darauf reagieren). Eine Studie in Salzburg zeigte einen Zusammenhang zwischen Phänomenen wie Ghostlighting oder Vaguebooking und einer schlechteren psychischen Gesundheit. 

Wir halten also fest: Es gibt bislang keine Studien, welche den Gebrauch sozialer Medien als Ursache für eine schlechtere psychische Gesundheit belegen. Es gibt lediglich Zusammenhänge. Nutzt du gerne und viel soziale Medien gibt es also nicht zwanghaft einen Grund zur Sorge. Trotzdem solltest du die oben genannten Themen wie soziale Vergleiche, FOMO, einen negativen Blick auf den eigenen Körper, ein niedriges Selbstwertgefühl, depressive Symptome, Stress durch ständige Erreichbarkeit usw. im Auge behalten und dich stets fragen: Ist meine Psyche anfällig für all dies? Wie wirkt sich meine soziale Mediennutzung auf meine Psyche aus?

Um ein paar Tipps für einen gesunden Umgang mit sozialen Medien zu erhalten, schau gern in unseren nächsten Artikel.

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Friederike Schubbert

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