Letztes Update: 
15.09.2025

Wie Achtsamkeit bei Angststörungen helfen kann - 3 Übungen

Lesedauer: 4 Minuten

Hast du schon einmal bemerkt, wie schnell sich Gedanken bei Angst im Kreis drehen? Die Gedanken kreisen grüblerisch um unangenehme Erinnerungen oder um Sorgen in der Zukunft. Im Hier und Jetzt sind wir dann selten. Genau hier setzt Achtsamkeit an: Sie lenkt deine Aufmerksamkeit bewusst in den Moment und schafft Abstand zu belastenden Gedanken. Richtig angewendet, reduziert Achtsamkeit Stress, verbessert den Schlaf und stärkt die Konzentration. In diesem Artikel erfährst du, wie Achtsamkeit bei Angst wirkt und lernst drei einfache Übungen kennen, die du sofort ausprobieren kannst.

Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit bedeutet, die Aufmerksamkeit bewusst auf Erfahrungen im „Hier und Jetzt“ zu richten. Gedanken, Gefühle, Sinneseindrücke oder Körperempfindungen werden dabei nicht bewertet, sondern nur wahrgenommen. Vielen Menschen fällt das schwer, da wir fast automatisch ständig bewerten. Oft sind unsere Gedanken zudem nicht bei dem, was wir gerade tun, sondern bei vergangenen Erlebnissen oder bei Aufgaben, die noch bevorstehen.

Wie Achtsamkeit bei Angststörungen hilft

Achtsamkeit kann dir helfen, automatische Muster wie Grübelschleifen oder Vermeidung bewusst wahrzunehmen. Indem du deine Aufmerksamkeit in den Moment lenkst, erkennst du Gedanken als das, was sie sind: mentale Ereignisse, keine Tatsachen. Dadurch kannst du Abstand zu Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen gewinnen. Stell dir vor, du beobachtest die Angst wie Wolken am Himmel – sie ziehen vorbei, ohne dass du dich in ihnen verlierst. Auf diese Weise löst du dich aus eingefahrenen Abläufen und gewinnst neue Handlungsfreiheit.

Denn oft entsteht zusätzlicher Druck, wenn wir die Angst mit aller Kraft wegschieben wollen. Dieses innere Kämpfen verstärkt die Anspannung und macht Gefühle schwerer erträglich. Achtsamkeit lädt dich dagegen ein, Empfindungen da sein zu lassen, ohne sie sofort verändern zu müssen. So wächst Akzeptanz, wodurch die Angst Schritt für Schritt an Macht verliert. Diese Haltung ist ein wichtiger Teil der Angstbewältigung. Achtsamkeit kann dich dabei wirkungsvoll unterstützen.

Zusammenfassung: So kann dir Achtsamkeit bei Angststörungen helfen

  • Grübelschleifen unterbrechen und aus automatischen Mustern aussteigen
  • Gedanken und Gefühle klar beobachten, ohne dich in ihnen zu verlieren
  • Inneren Abstand schaffen und gelassener auf die Angst reagieren
  • Mehr Bewusstsein für dich selbst entwickeln
  • Auch belastende Gefühle annehmen und dadurch langfristig besser bewältigen
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3 Achtsamkeitsübungen, die bei Angststörungen helfen können

1. Den Atem beobachten

Beim achtsamen Atmen geht es nicht darum, den Atem aktiv zu steuern oder zu verlängern. Stattdessen nimmst du einfach wahr, wie die Luft ein- und ausströmt. Diese Haltung hilft dir, den Moment bewusst zu erleben und Abstand zu ängstlichen Gedanken zu gewinnen.

So geht's:

  1. Wenn Gedanken abschweifen, kehre sanft zur Wahrnehmung des Atems zurück.
  2. Setze dich ruhig hin und richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem.
  3. Spüre, wie die Luft durch Nase oder Mund ein- und ausströmt.

2. Körperwahrnehmung und Bodyscan

Der Bodyscan stärkt die Verbindung zwischen Körper und Geist. Dabei richtest du deine Aufmerksamkeit nacheinander auf verschiedene Körperbereiche – ohne etwas verändern zu wollen. So lernst du, Empfindungen bewusst wahrzunehmen und gelassener mit ihnen umzugehen.

So geht's:

  1. Lege dich ruhig und bequem hin oder setze dich entspannt auf.
  2. Wandere mit deiner Aufmerksamkeit langsam durch alle Gliedmaßen vom Kopf bis zu den Füßen (z.B. von der Stirn zu den Wangen, zum Kinn, zum Hals, zur Brust, usw.)
  3. Beobachte Empfindungen wie Wärme, Spannung oder Kribbeln, ohne sie zu bewerten.

3. Die 5-4-3-2-1- Methode

Die 5-4-3-2-1-Methode ist eine klassische Achtsamkeitsübung, die deine Aufmerksamkeit bewusst auf die Sinne lenkt. Indem du dich Schritt für Schritt auf das konzentrierst, was du wahrnimmst, tritt die Angst in den Hintergrund. Besonders in akuten Stress- oder Angstmomenten hilft dir diese Technik, im Hier und Jetzt zu bleiben, anstatt dich in Grübelgedanken zu verlieren.

So geht’s:

  1. Richte deine Aufmerksamkeit nacheinander auf deine Sinneswahrnehmungen: 5 Dinge die du sehen kannst, 4 Geräusche die du hörst, 3 Empfindungen die du spürst, 2 Gerüche die du wahrnimmst und 1 Geschmack den du gerade hast.
  2. Atme am Ende einmal tief durch und spüre nach, ob sich dein Körper oder deine Gedanken verändert haben.
  3. Nimm dir für jeden Sinneseindruck Zeit und beschreibe ihn innerlich so konkret wie möglich.

Achtsamkeit im Alltag: hilfreiche Routinen

Regelmäßige Achtsamkeitsübungen helfen, innere Ruhe zu entwickeln und Ängste langfristig besser zu bewältigen. Schon kleine Übungen im Alltag können dabei unterstützen, Stress abzubauen und mehr Gelassenheit zu finden. Entscheidend ist nicht die Dauer, sondern deine Haltung: aufmerksam, annehmend und ohne Bewertung. Die folgenden Routinen lassen sich leicht umsetzen und stärken Schritt für Schritt deine Achtsamkeit.

Morgenritual: Beginne den Tag mit ein paar achtsamen Atemzügen. So stimmst du dich bewusst auf den Tag ein und findest Ruhe.

Achtsames Essen: Plane täglich eine Mahlzeit ohne Handy, Fernseher oder andere Ablenkungen. Nimm Geschmack, Konsistenz und Gerüche aufmerksam wahr.

Achtsam warten: Nutze Wartezeiten, etwa an der Kasse oder an der Ampel, um bewusst zu atmen und deine Umgebung wahrzunehmen.

Spaziergänge in Achtsamkeit: Achte beim Gehen bewusst auf deine Umgebung und deine Körperwahrnehmungen. So bleibst du leichter im Moment.

Dankbarkeit zum Tagesende: Beende den Tag mit einem kurzen Rückblick. Denke an drei Dinge, für die du dankbar bist. Das stärkt Gelassenheit und eine positive Haltung.

Für wen ist Achtsamkeit nicht geeignet?

Achtsamkeit kann viele Menschen im Umgang mit Stress und Angststörungen unterstützen. Manchmal ist es jedoch sinnvoll, die Übungen mit professioneller Begleitung zu starten – zum Beispiel bei komplexen Traumafolgestörungen, schweren Depressionen oder wenn sehr belastende Erinnerungen auftauchen. In solchen Situationen kann es vorkommen, dass Achtsamkeit zunächst herausfordernd wirkt, weil Gefühle dadurch intensiver wahrgenommen werden.

Das bedeutet nicht, dass Achtsamkeit grundsätzlich ungeeignet ist. Vielmehr braucht es manchmal einen geschützten Rahmen, in dem Übungen angepasst werden können. Therapeutische Unterstützung hilft dabei, die richtige Strategie im Umgang mit der Angst zu finden – das kann Achtsamkeit sein, aber auch andere Methoden wie Bewegung, Entspannungstechniken oder Psychotherapie. In manchen Fällen können auch medikamentöse Ansätze Teil der Behandlung sein, die immer mit einer Fachperson abgestimmt werden sollten. Wichtig ist, gemeinsam den Weg zu wählen, der sich für dich richtig anfühlt.

Fazit

Achtsamkeit bietet eine Möglichkeit, mit Angststörungen umzugehen und mehr innere Ruhe zu finden. Übungen wie Atembeobachtung, Bodyscan oder die 5-4-3-2-1-Methode helfen, den Alltag bewusster zu gestalten. So lassen sich Grübelschleifen leichter unterbrechen. Schon kleine Routinen, achtsam in den Alltag integriert, stärken langfristig Gelassenheit und Selbstwirksamkeit.

Dennoch ersetzt Achtsamkeit keine Psychotherapie. Bei Angststörungen ist oft eine professionelle Behandlung notwendig, gegebenenfalls auch mit medikamentöser Begleitung. Therapeutische Unterstützung hilft dabei, die richtige Strategie im Umgang mit Angst zu finden – das kann Achtsamkeit sein, aber auch andere Methoden. So entsteht ein individueller Weg, der Sicherheit gibt und Schritt für Schritt zu mehr Stabilität führt.

Tipp: Teste gleich heute eine der vorgestellten Übungen – vielleicht das Beobachten deines Atems für ein paar Minuten. Schon kleine Schritte können ein Anfang für mehr Ruhe und Klarheit im Alltag sein.

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Louisa Hoppe
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